Bel étage
- Die Schönfärberin
- 4. Juni 2021
- 3 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 6. Juni 2021
"Bel étage", das schöne Geschoss, nannte man früher das bevorzugte Stockwerk eines adligen oder großbürgerlichen Wohnhauses oder auch dessen am besten ausgestattete Wohnung.
Ich liebe dieses altmodische Wort, denn es klingt so viel schöner als "der 1. Stock", der damals meist der bevorzugte war, vermutlich auch in Ermangelung von Personenaufzügen. Die vielen Treppen, in die heute begehrten oberen Geschosse, mutete man nur Dienstboten zu.

Mit "schönen Etagen" beschäftigt man sich auch, wenn es ums Einrichten geht. Pflanzen auf Terrassen und Balkonen kommen zum Beispiel oft besser zur Geltung, wenn man sie in verschiedenen Höhen anordnet. Offene Regale, gerade in der Küche, können ein echter Hingucker sein.


Im Französischen heißt das Regal "étagère", noch ein klangvoller Begriff, der perfekt überleitet zu einem tollen Helfer für das ansprechenden Servieren von Gebäck, Fingerfood, Käse oder Aufschnitt.
Warum es so wichtig ist, dass Essen schön präsentiert wird und was das mit unserer Wahrnehmung des Geschmackserlebnisses macht, darüber habe ich bereits hier ausführlich geschrieben.

Wer diesen Blog schon länger liest, der weiß, dass ich es gerne schön, aber auch genauso gerne schnell und einfach mag. Etageren machen es einem leicht, da sie aus den arrangierten Leckereien sofort etwas Besonderes machen. Sogar der Süßkram vom Discounter kommt so richtig edel daher.

Meine Etageren stammen natürlich alle, na woher wohl, vom Flohmarkt. Ich habe davon zwei- und dreistöckige und auch einstöckige Standteller, letztere machen sich besonders gut mit einer Glashaube obendrauf. Sie waren allesamt vorher altmodische, dunkelbraune Exemplare, die von mir einen weißen Anstrich bekommen haben und sich nun wunderbar in unsere weiße Küche einfügen.

In unserer Nähe gab es lange Zeit ein Lokal namens "Victorian House". Man fühlte sich dort wie ins England der Jahrhundertwende versetzt. Dicke Polstersessel, dunkle Holzvertäfelungen an den Wänden, ein riesiger Kamin und alte Ölbilder an den Wänden, die Portraits einiger sehr distinguierter und ernst dreinschauender Damen und Herren zeigen, machten den Eindruck perfekt.
Nun ist England ja nicht unbedingt berühmt für seine Küche, aber zumindest das Frühstück ist wunderbar für diejenigen Zeitgenossen - zu denen ich auch meine Wenigkeit zähle - die es schon am Morgen reichhaltig und deftig mögen. Eggs Benedict zum Beispiel, pochierte Eier mit Avocado und Tomaten auf einem Toast platziert und mit einer dicken Schicht Sauce Hollandaise überzogen, sind zum Reinlegen lecker. Dass sie vermutlich ohne Umweg auf die Hüften wandern, muss man dabei kurz ausblenden.

Leider schloss das Lokal irgendwann. Seitdem machen wir uns zuhause ab und zu am Wochenende ein solches Frühstück selber oder auch mal einen britischen Afternoon Tea.
Zu diesem gibt es, neben reichlich schwarzem Tee mit Milch, klassisch auf einer dreistöckigen Etagere angerichtete Kleinigkeiten. Auf der untersten Etage finden sich traditionell kleine Fingersandwiches, auf der mittleren Scones mit Mascarpone (der die hier schwer erhältliche Clotted Cream ersetzt) und Erdbeermarmelade. Auf der kleinsten, obersten Etage thronen ein paar süße Teilchen, wie Minimuffins, Kekse oder Macarons. Gerade in den zurückliegenden Monaten ohne viel "Auslauf" hob das die Stimmung, vor allem, wenn es draußen auch noch kalt und regnerisch war.

Wer keine Etagere sein eigen nennt, der kann sich ziemlich einfach eine temporäre selber basteln, indem drei unterschiedlich große Teller verwendet werden. Dazu auf den untersten ein schmales Glas stellen, darauf den zweitgrößten Teller, wieder ein Glas und dann den kleinsten Teller. Im Netz findet man unzählige Beispiele und Anregungen dafür.
Es empfiehlt sich, das Ganze ein bisschen zu fixieren, damit die leckeren Kleinigkeiten nicht irgendwann im hohen Bogen im Tee landen. Sehr gut geht das mit ein bisschen Heißkleber, denn den kann man relativ leicht wieder abziehen für den Rückbau.
Schließlich gibt es noch eine etwas aufwändigere Möglichkeit des Eigenbaus, man braucht dazu einen (Diamant-)Bohrer, eine spezielle Metallstange wie diese hier und drei Teller unterschiedlicher Größe. Man kann damit einzelne, vereinsamte Geschirrteile einer tollen Verwendung zuführen.

Oder, wie bei diesem schönen Stück, ein Set von Teller und Tasse mit Untertasse, einem Melitta-Geschirr aus den 70er-Jahren. Die genaue Anleitung sollte man sich unbedingt bei Youtube anschauen. Das Bohren ist eine etwas kniffelige Angelegenheit, die ich hier in der Kürze nicht erklären kann. Meine Freundin Christine, die mir freundlicherweise dieses Foto überlassen hat, wurde von ihrem Liebsten damit überrascht. Dieser Mann weiß einfach, was Frauen mögen :))
Meine Tipps und Informationen sind grundsätzlich keine Werbung im rechtlichen Sinne, da ich dazu weder aufgefordert wurde, noch eine Bezahlung oder sonstige Gegenleistung dafür erhalte.
留言