Von Veilchen und Menschen
- Die Schönfärberin
- 13. Apr. 2021
- 3 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 30. Apr. 2021
"Sei wie das Veilchen im Moose, sittsam, bescheiden und rein. . . "so schrieb es einst eine gewisse Tante Pia in mein Poesiealbum.
Besagte Pia war eigentlich gar nicht meine richtige Tante, aber aus unerfindlichen Gründen war es damals üblich, dass Kinder alle sonst nicht zu klassifizierenden Personen mit "Onkel" oder "Tante" vor dem Namen ansprachen.
Ich für meinen Teil fand den Spruch schon damals richtig dämlich und soweit ich mich an die zahlreichen Erzählungen über sie erinnere, hielt sich die unechte Tante auch selbst kein bisschen an den von ihr erteilten Ratschlag. Sie glich wohl eher der stolzen Rose, um die es im weiteren Teil der fragwürdigen Anweisung geht.

Gegen ein gewisses Maß an Bescheidenheit ist natürlich nichts einzuwenden, manchem Zeitgenossen täte eine Portion davon durchaus gut und auch ein Mangel an guten Sitten kann in der heutigen Zeit durchaus beklagt werden. Was es mit der angemahnten Reinheit auf sich hat, darüber möchte ich eigentlich gar nicht nachdenken.
Das arme Veilchen, das für dieses alles herhalten soll, steht für mich nämlich für ganz andere Eigenschaften. Ich liebe diese violetten Frühblüher sehr und freue mich jedes Jahr aufs Neue wie verrückt, wenn ich nach langen, botanisch kargen Monaten ein paar kleine Blüten zwischen dem trockenen Laub entdecke.
Für mich symbolisiert das Veilchen Stärke und Hoffnung, denn so klein es ist, es ist sehr zäh und beständig, trotz seiner zarten Gestalt.
Es benötigt keine besonderen Bedingungen, wächst zuverlässig, auch ohne Pflege, jedes Jahr von Neuem an den ersten warmen Plätzchen und trotzt unerschrocken dem scheidenden Winter und den letzten kalten Tagen.

Mit Veilchen verbinden sich auch viele alte Legenden, so wurden bei Festgelagen Veilchensträuße gereicht und Veilchenkränze getragen; der wunderbare Duft sollte vor Rausch und Kopfschmerzen bewahren.
Da wildwachsende Veilchen heute unter Naturschutz stehen, sollte man jedoch der Versuchung eines entsprechenden Experimentes unbedingt widerstehen und es im Falle eines Falles lieber bei einem Aspirin belassen. Wer zur interessanten Mythologie des Veilchens noch etwas mehr lesen möchte, der kann das hier tun.

Was man aber durchaus sammeln darf, sind Dinge, die von Veilchen geziert werden.
Ich kann ehrlicherweise immer schwer daran vorbeigehen, wenn ich etwas entdecke, auf dem die hübsche Viola zu sehen ist. Dieses alte Schächtelchen, das ich vor ein paar Jahren fand und das den Namen "Süsse Mädels" trägt, beherbergte dereinst nicht etwa Süßigkeiten, sondern tatsächlich Cigaretten, 50 Stück, damals wohl noch mit "C" geschrieben.

Es hat praktischerweise exakt das Format, um die 5 Euro-Scheine aufzubewahren, die ich immer für meine Flohmarktbesuche sammle.

Besonders angetan hat es mir ein winzig kleines Papp-Döschen, ein seltener Flohmarktfund, das einmal mit Veilchenduft parfümierten Reispuder enthielt. Der Duft ist nach all den Jahrzehnten verflogen, aber wenn ich in das Kästchen hineinschnüffle und einen ganz tiefen Atemzug nehme, bilde ich mir ein, eine Ahnung von dem ehemaligen Inhalt zu erhaschen, mit dem sich vermutlich einst eine vornehme Mademoiselle das blasse Dekolleté bestäubte.


Was man auf Flohmärkten etwas häufiger findet, wenn man sich die Mühe macht, die meist umfangreichen Stapel auf den Tischen der Händlern durchzusuchen, sind alte Postkarten mit Veilchenmotiven. Auch auf Ebay werden häufig welche angeboten.

Auf der Rückseite sind meist jede Menge guter Wünsche zu verschiedenen Anlässen zu lesen und manchmal sind die Zeichnungen so hübsch, dass sie von mir sogar einen passenden Rahmen bekommen.

Auf der Rückseite dieses hübschen Exemplars erhält zum Beispiel in säuberlicher Sütterlinschrift "das liebe Fräulein Marie Spörer sehr herzliche Glückwünsche zum Namenstage von der Cuisine Erna". Das Datum des Poststempels ist leider nicht mehr zu erkennen, aber man sieht noch, dass die Briefmarke mit "Deutsches Reich" abgestempelt wurde, so dass sie vor 1945 verschickt worden sein muss.
Auch neue Postkarten werden manchmal mit nostalgischen Motiven von Veilchen bedruckt. Diese hier stammt aus Grasse in Südfrankreich, der Hauptstadt der Parfümerie und wirbt für eine entsprechend duftende extra-feine Seife.

Die Beliebtheit von Veilchen geht weit in die Geschichte zurück, auch wegen ihres bezaubernden Duftes.
Heutzutage sind sie immer noch sehr geschätzt und wenn man ganz viel Glück hat, findet man tatsächlich ein kleines Sträußchen davon auf einem Bauernmarkt oder in einem Blumenladen. Wenn nicht, bleibt ja immer noch, bei einem Spaziergang im Park nach ihnen Ausschau halten und vor Ort ein bisschen von ihrer Magie zu spüren. Denn was kann man denn in diesen verrückten Zeiten besser brauchen als Stärke und Hoffnung?
Ach, und was Sprüche im Poesiealbum betrifft, da ich halte mich lieber an den, welchen mir meine liebe Freundin Karin dort einst in Schönschrift hinterließ und den sie tatsächlich auch selbst bis heute konsequent beherzigt.

In diesem wunderbaren Sinne, bis zum nächsten Mal, dann geht es um viele bunte Süßigkeiten, um große Gläser voll sogar!
P.S. Die Tücken der Technik! Es sollte jetzt endlich möglich sein, einfacher einen Kommentar zu hinterlassen, auch ohne sich auf der Seite anzumelden. Ich hoffe, es klappt nun!
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